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Praxiswissen additive Fertigung

Know-How von und für Anwender im Blog

  • AutorenbildPhilipp Süß

Anwendungen suchen für die Additive Fertigung ist wie Rezepte suchen für den Salzstreuer.

Aktualisiert: 11. Nov. 2023

Der größte Fehler bei der Anwendungsidentifizierung für die additive Fertigung.



"Wie kann ich neue Anwendungen für die additive Fertigung identifizieren?"


Die Frage kommt in der Regel von Mitarbeitern aus Unternehmen, die sich kürzlich einen industriellen 3D-Drucker gekauft haben, um Serienteile zu produzieren oder noch überlegen, ob sie es tun sollen. Die Frage impliziert, dass man Innovationen Top-Down, also von oben herab, steuern kann.


Häufig werden daher auch ausschließlich Top-Down Maßnahmen versucht, um Anwendungen für die additive Fertigung im Unternehmen zu finden. Dazu zählt das beliebte Filtern der eigenen Bauteilbibliotheken nach technischen Datenpunkten wie Gewicht, Stückzahl oder Bauteilgröße. Hierbei sollen Bauteile identifiziert werden, die kostengünstiger mit 3D-Druck produziert werden können als mit dem aktuellen Fertigungsverfahren. Doch was findet man dann? - Bereits existierende Bauteile, bei denen alle Probleme bereits gelöst wurden. Auch haben sich diese Bauteile in der Realität bewiesen und genießen das Vertrauen der Mitarbeiter. Es braucht also starke Argumente, gutes Change Management und viel Vertrauen in diese neue Technologie, um das Bauteil noch einmal zu verändern. Vor allem sollte man eins nicht vergessen: Jedes technische Bauteil wurde einmal fertigungsgerecht und mit bestimmten Zielen konstruiert. Das heißt, es wurde mit viel Aufwand und Know-how so gestaltet, dass es mit einem einzelnen, genau spezifizierten Verfahren optimal hergestellt werden kann. Insbesondere bei komplexen Bauteilen ist ein Wechsel auf ein anderes Fertigungsverfahren, ohne eine ausgeprägte Anpassung der Konstruktion, daher in der Regel nicht möglich.


3D-Druck ist die große Ausnahme dieser Regel.


Im Vergleich mit konventionellen Fertigungsverfahren gibt es deutlich weniger konstruktive Einschränkungen bzw. höhere Designfreiheit. Es lassen sich mit einem 3D-Drucker daher auch Teile fertigen, die ursprünglich für ein anderes Fertigungsverfahren konstruiert wurden. Das ist, neben niedrigen Einzelteilkosten, der Grund, warum 3D-Druck häufig zur Herstellung von Prototypen und Ersatzteilen eingesetzt wird.


Aber ist die Designfreiheit, die den 3D-Druck ausmacht, unendlich?


Natürlich nicht! Wie jedes Fertigungsverfahren hat auch der 3D-Druck besondere Eigenschaften, Einschränkungen und Vorteile. Hier liegt die große Gefahr, wenn man bestehende Bauteile mit 3D-Druck herstellen möchte. Man kann es zwar tun, aber nur mit vielen Kompromissen. Man nutzt den 3D-Druck dann gewissermaßen als eierlegende Wollmilchsau. Das ist zwar eine der Stärken von 3D-Druck, aber nicht gefragt, wenn es um die Produktion von Serienteilen, also der additiven Fertigung, geht. Denn bei Serienteilen muss der 3D-Drucker, bildlich gesprochen, ein heißblütiges Rennpferd sein und High Performance Teile produzieren. Dass kann ein 3D-Drucker nämlich auch extrem gut. Dafür müssen die Teile aber auch entsprechend für den 3D-Druck fertigungsgerecht konstruiert und gestaltet werden.



Die besten Bauteile für die Additive Fertigung werden mit hohem Aufwand und Know-how spezifisch entwickelt und optimiert, um die Vorteile der Technologie bestmöglich auszunutzen (DfAM). Hier ergibt sich aber ein Zielkonflikt mit dem Top-Down Ansatz der Bauteilidentifikation und der Methode des Datenbankfilterns im speziellen: Das Verbesserungspotential bestehender Bauteile durch Optimierung der Konstruktion ist stark eingeschränkt, da die Randbedingungen schon vollständig fixiert sind. Schließlich muss die Backwards-Compatibility gewährleistet sein. Also die Fähigkeit, das Bauteil wieder in das ursprüngliche System bzw. Maschine einzubauen, ohne diese selbst zu verändern. Der Lösungsraum für die Umgestaltung erlaubt also nur kleine Verbesserungen, aber kaum echte Innovationen.


Ist das Filtern der eigenen Bauteildatenbanken nach geeigneten Bauteilen für die Additive Fertigung dann eine schlechte Idee?


Nicht unbedingt. Die Methode kann durchaus schnell echtes Potential zur Kosteneinsparung in der Produktion liefern. Materialeinsparung, kürzere Fertigungszeiten und geringere Stückkosten sind starke Wertschöpfungsmechanismen die so identifiziert werden und ausgenutzt werden können. Vor allem wenn man gerade erst in eine AM Maschine investiert hat können damit die *Low hanging fruits* gefunden werden. Also die Bauteile, die großen Mehrwert liefern und leicht umzusetzen sind. Das ist oft entscheidend, wenn man innerhalb des Unternehmens, sowohl in den Entscheidungsebenen als auch bei den Mitarbeitern, schnell Ergebnisse liefern muss.

Aber die Anzahl der so identifizierbaren Bauteile ist sehr begrenzt. Vor allem aber ist eine Bauteildatenbank, wenn auch oft groß, dennoch endlich. Schnell sind die *Low hanging fruits* alle gepflückt. Als Methode um die Additive Fertigung nachhaltig im Unternehmen zu implementieren, ist diese Methode also ungeeignet. Möchte ein Unternehmen die additive Fertigung dauerhaft wirtschaftlich einsetzen, gehört da immer auch das Anpassen von Unternehmensprozessen und ein Stück weit auch der Unternehmenskultur dazu. Das ist natürlich leichter gesagt als getan.


Die additive Fertigung ist häufig das Salz in der Suppe von Wertschöpfungsprozessen, selten die Hauptzutat. Das richtige Salzen kann man nicht aus Büchern lernen, sondern indem man mit einem erfahrenen Koch zusammen neue Gerichte kreiert, bis der eigene Geschmackssinn entwickelt ist.

Darum nutzen ich das Co-Engineering um neue Anwendungen mit meine Kunden zusammen zu entwickeln. So entstehen nicht nur neue Bauteile sondern auch der "Additive Mindset".



 

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Additive Fertigung erfolgreich nutzen

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Als Team mit langjähriger Erfahrung im 3D-Druck begleiten wir Sie praxisnah und unabhängig bei der Nutzung der additiven Fertigung für Ihr Unternehmen.  

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