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Praxiswissen additive Fertigung

Know-How von und für Anwender im Blog

  • AutorenbildPhilipp Süß

Wie funktioniert Reverse Engineering für die additive Fertigung?

Aktualisiert: 15. Nov. 2023

Sollen Ersatzteile additiv gefertigt werden fehlen oft fertigungsgerechte Daten. Das Reverse Engineering kann hier helfen. So wird es gemacht.


Reverse Engineering

Glossar

Wichtige Begriffe der additiven Fertigung und deren Anwendung in die Praxis.

 

Was bedeutet Reverse Engineering für die additive Fertigung?

Reverse Engineering ist die Umkehrung des Konstruktionsprozesses, um physische Objekte in digitale Modelle zu verwandeln, die anschließend für die additive Fertigung genutzt werden können. Dies ermöglicht die Reproduktion von Ersatzteilen und Komponenten auf effiziente Weise.


Unser Vorgehen

Wir haben viele Jahre Erfahrung beim Reverse Engineering. Dabei haben wir einen festen Ablauf entwickelt um zuverlässige Ergebnisse zu erzielen.


1. Zielformulierung

Erfassen von quantitativen und qualitativen Kundenzielen sowie technischen Spezifikationen.


Die Gründe warum ein Reverse Engineering durchgeführt werden soll können sehr vielfältig sein. Je nach gewünschtem Ergebnis muss man den Prozess im Detail unterschiedlich gestalten. Daher ist es wichtig die Ziele vorab genau zu definieren.


Dabei ist es auch oft hilfreich zu wissen, warum von einem Bauteil keine 3D-Daten existieren. Die häufigsten Gründe sind:

- OEM (Originalhersteller) existiert nicht mehr.

- Der OEM kann oder möchte das Bauteil nicht mehr liefern.

- Bei alten Bauteilen haben nie digitale Daten existiert.

- Bauteiländerungen wurden nicht nachgepflegt und dokumentiert.


2. Geometrieerfassung

Digitalisierung der Originalgeometrie (Rohdaten)


Der Ausgangspunkt des Reverse Engineering ist ein Originalteil. Mit verschiedenen Methoden und Technologien wird von dem Originalteil eine digitale Repräsentation erstellt. Dazu zählen das 3D-Scanning Technologien wie das Laserscanning, Streifenlichtprojektion oder auch die Photogrametrie. Besitzt das Bauteil innere oder schwer zugängliche Strukturen wird ein CT-Scan erstellt und bei hohen Anforderungen an die Präzision taktile Messverfahren. Häufig setzen wir auch noch manuelle Messverfahren ein und nutzen bestehende Fertigungszeichnungen, Skizzen oder Fotos.


Das Ergebnis einer jeden Geometrieerfassung ist ein einfaches digitales Abbild der Ist-Geometrie: Die Punktewolke. Diesen Rohdaten fehlen noch viele zur Fertigung benötigten technischen informationen und weisen zumeist noch Lücken, Fertigungsschwankungen und Gebrauchsspuren des Originalteils auf.


3. Parametrisierung

Erstellung von parametrischer und fertigungsgerechten Konstruktionsdaten.


Aus den Rohdaten wird wieder ein vollständiges, idealisiertes und fertigungsgerechtes CAD Modell erstellt. Dabei entsteht die selbe Datenqualität und der selbe Informationsgehalt wie bei einem neu entwickelten Bauteil. Es werden also Abweichungen und Fehler der ursprünglichen Fertigung sowie Gebrauchsspuren, Verschleiß oder Versagensstellen, wenn es sich um ein Teil handelt welches bereits eingesetzt wurde, entfernt.

Technische Anforderungen zu Toleranzen und Passungen können per Definition nicht durch Messungen einer Ist-Geometrie erfasst werden und und müssen nach den gängigen technischen Standards neu definiert werden Häufig wird nicht bedacht, dass fast jedes technische Bauteil das Ergebnis eines mehrstufigen Fertigungsprozesses ist. In der Geometrieerfassung wird nur die finale Ausführung des Bauteils erfasst. Die Form der Halbzeuge, Rohlinge oder Zwischenerzeugnisse bleibt daher unbekannt.


Das Ergebnis der Parametrisierung ist ein vollwertiges CAD-Modell das die Konstruktionsziele und technischen Randbedingungen des ursprünglichen Originalteils erfüllt. Es wird also der Datenstand wiederhergestellt, den man bei einer kompletten Neukonstruktion hätte.


4. Optimierung

Weiterentwicklung der Konstruktionsdaten nach Kosten-, Funktions- und Prozesszielen für die additive Fertigung


Selten soll ein Bauteil 1 zu 1 kopiert werden. Durch den Wechsel vom ursprünglichen Fertigungsverfahren auf die additive Fertigung oder den Wunsch nach einem neuen Werkstoff gibt es Grund die Konstruktion anzupassen bzw. zu optimieren. Insbesondere bei häufig benötigten Ersatzteilen lässt sich in diesem Schritt beispielsweise die ursprüngliche Schwachstelle beheben oder kritische Bereiche verstärken. Außerdem lassen sich neue Kundenbedürfnisse, Individualisierungswünsche und Verbesserungsideen an dieser Stelle leicht realisieren.


Das Ergebnis der Optimierung ist ein Bauteil, dass den heutigen Anforderungen an Wirtschaftlichkeit, Funktion und Qualität erfüllt.


5. Überprüfung durch Prototyping

3D-gedrucktes Modell, Material und Fertigungsverfahren entsprechen nicht dem Serienteil Design


Von dem Bauteil wird, je nach Anwendungsfall, ein oder mehrere Prototypen erstellt und getestet. Dabei wird Funktion, Montage sowie die allgemeine Erfüllung der Anforderungen unter möglichst realitätsnahen Bedingungen überprüft. Sollten beim Prototyping noch Anpassungswünsche durch den Kunden , bzw. Anwender auftreten, können diese noch umgesetzt werden.


6. Design Freeze (Meilenstein)

Der Konstruktionsprozess wird durch Kundenfreigabe abgeschlossen und anschließend keine grundlegenden Änderungen mehr durchgeführt.


Mit der Freigabe der Konstruktion durch alle Verantwortlichen erfolgt der Design Freeze. Mit diesem wichtigen Meilenstein wird der agile Konstruktionsprozess abgeschlossen. Um eine wiederholbare, zuverlässige und qualitätssichere Serienfertigung zu gewährleisten, erfolgt die Produktionsplanung nach bewährten und anerkannten Methoden. Wie bei jeder Produktentwicklung, sind Änderung an der Konstruktion ab jetzt mit hohen Kosten verbunden und sollten daher vermieden werden.


7. Produktionsplanung

Finale Definition von Abrufauftrag (Chargengröße, Lieferzeiten, Kosten). Erstellen einer technischen Dokumentation bestehend aus Fertigungszeichnungen, Arbeitsanweisungen und Qualitätsmanagement


8. Nullserie

Erprobung durch den Kunden unter realen Bedingungen mit Bauteilen die im Serienmaterial und Serienverfahren gefertigt werden.


Bei der Nullserie kommt das Bauteil zum ersten mal in den realitätsnahen Einsatz. Es hat sich bewährt, diesen wie einen Versuch zu behandeln und entsprechend durchzuführen und zu dokumentieren. Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere zu Beginn viele Informationen und Erkenntnisse gewonnen werden können. Diese können, wenn gewünscht, für die zukünftige Weiterentwicklung und Optimierung genutzt werden. Der Kunde erhält dazu eine Vorlage zur Protokollierung der Nullserienversuche.


9. Ergebnisse (Deliverables)


1. Konstruktionsdatensatz bestehend aus 3D-CAD Modell (z.B. STEP-Format), Stückliste, Fertigungszeichnungen von Fräs- un Drehteilen.

2. Angebot über Abrufauftrag mit Chargengröße, Lieferzeiten, Kosten und Lieferbedingungen.


Arbeitsweise

Sie erhalten von uns einen passwortgeschützten Zugang zum 3D-CAD-Modell in unserem Online-Tool. Dort haben Sie die Möglichkeit den Konstruktionsstand zu Verfolgen und sich aktiv in den Konstruktionsprozess einzubringen. Sie benötigen dafür keine spezielle Software. Zusätzlich stellen wir Ihnen zu jeder Zeit die Konstruktionsdaten im neutralen Datenaustauschformat ".STEP" zur Verfügung. Viele weitere Datenformate sind außerdem möglich.

Bei dem aufgeführten Ablauf handelt es sich um ein bewehrtes Vorgehen. Sollte es notwendig oder sinnvoll werden davon abzuweichen werden wir das frühzeitig kommunizieren und gemeinsam mit Ihnen das weitere Vorgehen abstimmen.


 


Additive Fertigung erfolgreich nutzen

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Als Team mit langjähriger Erfahrung im 3D-Druck begleiten wir Sie praxisnah und unabhängig bei der Nutzung der additiven Fertigung für Ihr Unternehmen.  

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